Tag 1352: Weltweite Armut

von Heiko Gärtner
04.02.2018 03:21 Uhr

Zwei Arten von Armut

Noch etwas fiel uns auf. Wir hatten vor einiger Zeit, als wir noch in Südeuropa waren die Theorie aufgestellt, dass man aus irgendeinem Grund dafür sorgte, dass ein Land umso Ärmer sein musste, je reicher seine Natur war. Auffällig war ja dabei, dass gerade die Länder arm waren, in denen die meiste Nahrung wuchs und in denen man am lockersten auch ohne Geld würde leben können.

Obwohl wir genug Nahrung anbauen um mehr als 11 Milliarden Menschen zu versorgen müssen viele Menschen Hunger leiden.

Obwohl wir genug Nahrung anbauen um mehr als 11 Milliarden Menschen zu versorgen müssen viele Menschen Hunger leiden.

Das fing bei Spanien an und ging über Rumänien, Bulgarien und Albanien bis hin zu Afrika und Indien. Indien ist ein hervorragendes Beispiel, den hier werden teilweise bis zu drei oder vier Fruchtfolgen im Jahr angebaut, wo bei uns gerade mal eine möglich ist. Und trotzdem leiden hier mehr Menschen an Hunger als wir uns überhaupt vorstellen können. Länder, in denen man nahezu nichts anbauen kann, wie hier in Großbritannien und Irland, sind hingegen die reichsten Länder der Welt. Zumindest was das Geld anbelangt. Was uns bislang jedoch nicht klar war ist, dass diese Länder auf eine andere Art und Weise genauso arm gehalten werden, wie die Dritte-Welt-Länder. Es ist subtiler und findet auf eine Weise statt, die uns nicht bewusst ist, aber es ist genauso dramatisch.

Im Vergleich zum Urweizen enthält unser heutiges Industriegertreide nur noch einen Bruchteil an Energieq

Im Vergleich zum Urweizen enthält unser heutiges Industriegertreide nur noch einen Bruchteil an Energie

So wie in den Südländern eine Verknappung an Geld erzeugt wird, erzeugt man hier eine Verknappung an Nahrung. Letztlich gibt es in der heutigen Welt keinen Grund mehr, warum man hier nicht ebenso leicht an frisches Obst und Gemüse gelangen sollte, wie im Süden. Wir sind in der Lage, Waren innerhalb von 48 Stunden einmal komplett um die Welt zu transportieren und egal ob dies nun sinnvoll ist oder nicht, wir machen es auch ständig. Krabben beispielsweise werden in der Nordsee geangelt, dann nach Holland zu einem Logistik-Unternehmen verschifft, anschließend nach Marokko gefahren, da dort die billigsten Arbeiter zum Pulen zu finden sind und am Ende fährt man sie den ganzen Weg zurück, um sie direkt an der Deutschen Nordseeküste an einem Krabbenstand zu verkaufen. Dieser vollkommen sinnlose Aufwand ist für uns kein Problem, aber bei frischem Obst und Gemüse soll es plötzlich nicht möglich sein?

Auch wenn wir hier teure Häuser und Autos haben, leben wir oft nicht gesünder und zufriedener als Menschen in ärmeren Regionen

Auch wenn wir hier teure Häuser und Autos haben, leben wir oft nicht gesünder und zufriedener als Menschen in ärmeren Regionen

Auch hier ist es ja nicht so, als würden wir diese Lebensmittel nicht um die halbe Welt fahren. Äpfel zum Beispiel kommen hier in der Regel aus Neuseeland, obwohl sie auch direkt in Großbritannien angebaut werden. Doch all dies funktioniert angeblich nur, wenn die Waren grün geerntet werden und dann unter Schutzatmosphäre nachreifen. Warum? Weil der Transport angeblich zu lange dauert, so dass reifes Obst und Gemüse kaputt gehen würde. Wenn aber ein LKW von Spanien nach England doch nur zwei Tage braucht und das Gemüse später bis zu einer Woche im Laden und bei uns zuhause herum liegt, muss man sich doch fragen, ob dieses Argument wirklich gültig ist.

Viele reiche Europäer besitzen parkartige Gärten, die sie jedoch niemals nutzen.

Viele reiche Europäer besitzen parkartige Gärten, die sie jedoch niemals nutzen.

Oder wird hier vielleicht ganz bewusst darauf geachtet, dass die Lebensmittelqualität besonders niedrig ist? Denn auffällig ist ja, dass ein Land umso stärker in der Fastfood-Kultur verhaftet ist, desto mehr Geld es hat. Je Reicher ein Land also an finanziellen Mitteln ist, desto ärmer ist es an Lebensmitteln. In Indien hungern die Menschen offensichtlich, weil sie keine Nahrung abbekommen und daher deutlich erkennbare Symptome von Mangelernährung zeigen. Hier hungern sie jedoch ebenfalls, nur merkt man es nicht, weil sie mit vollem Magen hungern. Die Masse an Nahrung reicht hier aus, doch ist sie leer und tot. Nährstoffe, Vitamine, Energie und Spurenelemente enthält sie so gut wie keine mehr, wodurch auch hier die Menschen deutlich Zeichen einer Mangelernährung zeigen. Aber weil sie dabei fett sind, merken wir es nicht.

Preisvergleich – So unterschiedlich ist der Wert unseres Geldes

Wir selbst verließen den Laden mit ziemlich genau 16€ weniger in der Tasche, ohne dabei das Gefühl gehabt zu haben, dass wir irgendetwas gekauft haben. Nicht einmal Wurst und Käse hatten wir uns gegönnt, da dieses jeweils ab vier Euro aufwärts ging. Alles in allem besaßen wir nun etwas Brot und Baguette, ein Glas Erdnusbutter, zwei kleine Fertigsalate, die heruntergesetzt waren, weil morgen ihr Verfallsdatum ablief, zwei große Flaschen Wasser, eine Knoblauchbutter, eine Tütte Tortilla-Chips und ein paar Bananen. Das war alles und damit lagen wir bei 16€. Ist das nicht Wahnsinn?

Was nützt einem ein solches Schloss, wenn man es darin nie warm oder gemütlich hat?

Was nützt einem ein solches Schloss, wenn man es darin nie warm oder gemütlich hat?

Noch wahnsinniger war allerdings, dass wir im Restaurant nebenan je einen Becher Suppe und etwas Brot mit Butter bekamen, die fast ebenso viel gekostet hätten, wenn wir sie hätten zahlen müssen. Das wir sie bekommen haben ist natürlich super, aber dass man regulär knapp 7€ für einen Becher zahlen musste, das sprengte schon einige Grenzen finde ich. Überlegt euch mal. Wenn man dies jeden Tag tun würde, läge man damit im Monat bei 210€. Das sind 20€ mehr, als ich damals für meine Studentenbude gezahlt habe. Klar war es ein schäbiges Loch, da will ich nichts gegen sagen, aber es ist doch heftig zu sehen, dass man für das gleiche Geld entweder ein Obdach mit Vollmöblierung, Warmwasser, Heizung, Internet und Strom inklusive haben kann, oder einen kleinen Teebecher voll Suppe.

Spruch des Tages: Die einen haben kein Geld, die anderen können nichts kaufen. Das nennt man wohl ausgleichende Ungerechtigkeit.

Höhenmeter 765 m

Tagesetappe: 11km

Gesamtstrecke: 25.499,27 km

Wetter: erst Regen, dann sonnig warm

Etappenziel: Pilgerherberge, L'Ile Bouchard, Frankreich

11km, 65hm, erst Regen, dann sonnig warm, Christliche Jugendherberge, Chézelles

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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