Ohrenkneifer-Invasion

von Heiko Gärtner
10.07.2016 20:20 Uhr

19.05.2016 Vor einigen Tagen tauchten immer wieder einmal Ohrenkneifer in unserem Zelt auf, die sich immer wieder in unsere Sachen schmuggelten. Nun wurden sie langsam zur Plage und man konnte fast nichts mehr anfassen, ohne dass einem dabei nicht ein Ohrenkneifer über die Finger krabbelte. Sogar in dem kleinen, einlaminierten Zettel, den ich immer vorzeige, wenn ich nach etwas zu Essen frage, hat sich ein solcher Lausbub versteckt. Das Gesicht der Verkäuferin strahlte nicht gerade vor Begeisterung, als der längliche Käfer aus meinem Zettel über ihren Tresen krabbelte. Aber ganz ungewohnt schien ihr der Anblick auch nicht zu sein.

Auch im Zelt war die Ohrenkneifer Invasion nicht zu vermeiden.

 Auch im Zelt war die Ohrenkneifer Invasion nicht zu vermeiden.

Die komplette Wegstrecke über, kamen wir auch heute fast nur durch gigantische Felder und langsam hatten wir das Gefühl, auf einem Laufband zu gehen, ohne dabei voranzukommen. Dass dies erst eine Vorstufe von den wirklich gigantischen Landwirtschaftsflächen in Rumänien sein sollte, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das Hauptproblem, das sich daraus ergab war jedoch das Wasser, denn in einem flachen Land in dem alles mit Pestiziden besprüht wurde, war es einfach nicht ratsam, das Wasser aus dem Brunnen zu trinken. Wir hatten unsere Magen-Darm-Geschichte gerade erst auskuriert und wollten nicht gleich schon wieder die nächste heraufbeschwören. Es blieb uns also nur das Wasser, das wir in den kleinen Minimärkten ergattern konnten. Dummerweise hatten die meisten von ihnen über die Mittagszeit auch noch geschlossen, so dass wir ziemlich auf dem Trockenen saßen.

Die Landwirtschaft in Rumänien veränderte unser Weggefühl.

Die Landwirtschaft in Rumänien veränderte unser Weggefühl.

Dafür war heute die Schlafplatzsuche deutlich leichter, denn wir fanden eine Baum beschattete Wiese oberhalb eines Dorfes, auf der wir unser Zelt zum ersten Mal seit langem wieder eben aufbauen konnten. Wenn wir jedoch geglaubt hätten, hier für uns alleine zu sein, dann hatten wir uns geschnitten. Alles wurde in diesem Land genutzt und wenn es kein Feld war, dann kamen zumindest Schafe oder Kühe um es abzugrasen. In diesem Fall besuchte uns ein volltrunkener Kuhhirte mit seinen Schützlingen und einem ganzen Rudel voller Hunde. Letztere hatten es sich zur Lebensaufgabe gemacht, so wenig Kontakt zu den Kühen zu haben, dafür aber jeden Menschen anzubellen, der sich in ihrer Nähe befand. Weitaus penetranter und nerviger war jedoch der Schäfer selbst, der in seinem Vollrausch leider nicht mehr mitbekam, dass ich seine Sprache nicht sprach. Ununterbrochen versuchte er einen Monolog mit mir zu eröffnen und mich einfach immer weiter und weiter zu zu quatschen. Mit Höflichkeit kam ich da nicht weiter. Erst als ich laut wurde und ihn anschnauzte, verstand er, dass ich meine Ruhe haben wollte, und zog ein kleines Stück weiter.

Spruch des Tages: Das große Krabbeln

Höhenmeter: 160 m Tagesetappe: 29 km Gesamtstrecke: 15.796,27 km Wetter: bewölkt und warm, leichter Regen, später sonnig Etappenziel: Zeltplatz mitten in den Feldern, kurz vor 907045 Cerchezu, Rumänien

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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