Der Kyll-Radweg - Mit dem Rad durch die Eifel

von Heiko Gärtner
15.05.2018 06:31 Uhr

Unterwegs auf dem Kyll-Radweg - Nachdem wir mit Trier die größte Stadt in der Eifel besichtigt haben, machen wir uns nun auf, um die ländliche Gegend dieses urigen Gebirges zu erforschen.

27.11.2017

Raus aus der großen Stadt

Es dauerte noch fast zwei Stunden, bis wir uns den Weg aus der Stadt hinaus ins Grüne gebahnt hatten. Trier ist doch bedeutend größer, als wir geglaubt hätten und bei weitem nicht so schön wie allgemein behauptet. Erst als wir die Stadtgrenze und mit ihr die Mündung der Kyll in die Mosel erreichten, kehrte wieder so etwas wie Ruhe ein.

KLeiner Eifelbahnhof in einem Vorort von Bitburg

Kleiner Eifelbahnhof in einem Vorort von Bitburg

Es war als durchschritten wir ein Tor in eine andere Welt. Plötzlich gab es wieder so etwas wie Harmonie und Gleichklang, obwohl es noch immer bei weitem nicht still war. Gleich, als wir den Kyll-Radweg erreichten, erwartete uns auch schon die erste Überraschung. Der Weg war gesperrt und verlangte, dass wir außen herum über die Hauptstraße gehen sollten. Zwei Bauarbeiter kamen uns entgegen und erklärten, dass die Sperrung aufgrund von Holzfällerarbeiten eingerichtet worden war. Das stellte in unseren Augen keinen echten Grund dar und so wanderten wir weiter. Tatsächlich trafen wir später auf zwei Holzfäller, die geschützt durch die Sperrungen ganz gemütlich in ihrem Einsatzfahrzeug frühstücken konnten. Um für einen solchen Zweck den einzigen Rad-Wanderweg im Tal für mehr als eine Woche zu sperren brauchte man schon ein ordentlich dickes Fell. Aber darüber verfügten unsere Holzfällerfreunde ganz offensichtlich. Als sie uns sahen, hoben sie zum Gruß die Hand und aßen gemütlich weiter, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen.

Ein kleiner Bachlauf in der Eifel

Ein kleiner Bachlauf in der Eifel

Tramper-Bushaltestelle - In der Eifel ist Mitfahren der Anhalter noch einfach.

Tramper-Bushaltestelle

Radfahren auf dem Kyll-Radweg

Da der Weg über so weite Teile gesperrt war, war er nahezu unbefahren und so blieben wir über weite Strecken die einzigen Nutzer. Dann aber trafen wir doch noch auf einige Radfahrer. Die meisten von ihnen grüßten uns freundlich im Vorbeifahren und waren dann schnell wieder verschwunden. Einer hingegen fuhr erst ein gutes Stück an uns vorbei, hielt dann an und drehte wieder um. Er war ein älterer Herr, der völlig entspannt durch die Eifel fuhr, obwohl er nicht besonders sportlich wirkte.

"Na so ganz alleine meisterst du die Strecke hier aber nicht, oder?", fragte Heiko etwas verschmitzt, nachdem der Herr das Gespräch mit uns begonnen hatte.

"Nein!", gab er zu, "da hast du recht! Das ist ein E-Bike, genauer gesagt ein 'Zündapp Z810' und es übernimmt tatsächlich einen großen Teil der Arbeit!"

Das sagte er nicht ohne Stolz, denn es handelte gerade um seine Jungfernfahrt mit dem neuen E-Bike, das er sich gerade zum Geburtstag gegönnt hatte. Noch mehr freute er sich nun darüber, gleich auch noch spannende Geschichten über eine Weltreise zu Fuß zu hören und es dauerte nicht lange, da war er ganz aus dem Häuschen.

"Ich glaube", meinte er "ich mache mich auch mal auf eine große Reise auf. Nicht so lange wie ihr, denn dann bringt mich meine Frau um. Aber mit dem Rad nach Santiago war schon immer ein Traum und auch wenn ich nicht gedacht hätte, dass ich das in meinem Alter noch schaffe, dieses Baby hier macht es möglich! Ich muss nur darauf achten, dass ich meine Etappen immer so wähle, dass ich es gut wieder laden kann. Dann sollte es kein Problem sein!

Heiko und ich gaben ihm noch ein paar Tipps, worauf er achten sollte und ließen uns versprechen, dass er auf keinen Fall alleine aufbrechen, sondern einen guten Kumpel mitnehmen würde. Dann hatten wir auch schon unser Tagesziel erreicht. Unser rüstiger E-Biker, der die Gegend gut kannte, zeigte uns noch den Weg zum Rathaus und verabschiedete sich dann.

So komplex und so einfach

Wenn wir geglaubt hatten, dass wir in Deutschland einfach wieder unkompliziert an eine Übernachtungsmöglichkeit gelangen könnten, dann hatten wir uns kräftig geirrt. Der Bürgermeister war gerade auf dem Sprung als ich in seinem Büro eintraf: „Was immer Sie auch von mir wollen, die Antwort ist nein, denn ich müsste längst zu Hause sein und die Schlachter schließen gleich. Wenn ich nicht sofort etwas zum Essen kaufe dann lyncht mich meine Familie!“

Kirchenorgel in einer Eifelkirche

Kirchenorgel in einer Eifelkirche

Er hörte trotzdem kurz zu und kam dann zu dem Schluss, dass er uns nicht helfen könne, dass aber vielleicht ein Mitarbeiter eine Lösung hätte. Er verschwand, kehrte aber sofort zurück und meinte, wir könnten es vielleicht bei einer älteren Dame versuchen, die ein Gästehaus führte. Die Kosten würde er dann schon übernehmen. Leider führte die Dame das Gästehaus bereit seit Jahren nicht mehr und ließ sich weder mit Geld noch mit anderen Dinge bestechen, diese Entscheidung für heute noch einmal zu überdenken. Der Bürgermeister zuckte die Achseln. „Jetzt habe ich es aber nun wirklich versucht!“, meinte er entschuldigend und fuhr zu seiner Familie.

Typische Kirche in der Eifel

Typische Kirche in der Eifel

Seitenaltar der Kirche

Seitenaltar der Kirche

Ich lief noch eine gute halbe Stunde durch den Ort, bis ich schließlich zu jenem Schlachter gelangte, der angeblich gerade beim Schließe war, als wir hier angekommen waren. Er hatte noch immer geöffnet und wurde von den freundlichsten und nettesten Menschen betreut, die wir seit unserer Wiederankunft in Deutschland kennenlernen durften. Die junge Schlachterin klemmte sich sofort ans Telefon und während sie uns einen Schlafplatz organisierte durfte ich mir aus dem Fleischereibestand aussuchen, was immer ich wollte. Das rettete unseren Tag! Plötzlich waren wir stolze Besitzer von Leberkäse, Fleischsalaten, hausgeräucherter Salami und vielem mehr. Kurz darauf erschien dann der Bürgermeister vom Nachbarort, der ein fröhlicher und humorvoller älterer Herr war und uns direkt mit in seine Gemeinde nahm. Dort gab es ein leerstehendes Gebäude, das früher einmal die Schule gewesen war und das nun für Veranstaltungen genutzt wurde. Auffällig war, dass in den letzten Orten die Gemeinde ihrem Bürgermeister stets recht ähnlich zu sein schien. Je aufgeweckter und lebensfroher der Bürgermeister war, desto mehr Leben gab es auch noch in der Gemeinde.

 

 

Spruch des Tages: Ist der Weg erstmal gesperrt, frühstückt's sich ganz unbeschwert.

 

Höhenmeter 160m / 125m / 137m / 41m

Tagesetappe: 20km / 19km / 28km / 15km (+30 im Zug über das Meer auf die nächste Insel)

Gesamtstrecke: 28.229,27km

Wetter: Kalt und Windig, Schnee

Etappenziel 1: Privates Gästezimmer, Terslöse, Dänemark

Etappenziel 2: Privates Gästezimmer, Stenlille, Dänemark

Etappenziel 3: Gemeindehaus der Kirche, Ugerlöse, Dänemark

Etappenziel 4: Gemeindehaus der Kirche, Kirke Sonnerup, Dänemark

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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